diejenigen, die in der Produktion, dem Service oder der Verwaltung tätig sind und deren Arbeit als selbstverständlich angesehen wird. Dabei tragen gerade sie die tatsächliche Arbeitslast. Wenn ihr Arbeitsplatz, z. B. durch Out- sourcing, gefährdet ist, während die Führungsebene „inhouse“ weiterhin gut bezahlt wird, wird das als unfair empfunden. Ein gerechtes Vorgehen in einer Krise würde – wie bereits beschrieben – erfordern, dass auch Führungs- kräfte ihren Beitrag leisten, um die Last zu teilen. Das bedeutet nicht nur, dass feste und/oder variable Vergütungsbestandteile gekürzt werden, sondern auch, dass Führungskräfte aktiv Lö- sungen für die Bewältigung der Krise anbieten, die nicht nur die unteren Ebenen betreffen. So könnte beispielsweise eine monatliche Gehaltskürzung bei Führungskräften (siehe oben) ein Zeichen der Fairness an alle Mitarbeiter*innen sein. ei Verantwortung und Risiko der leitenden Angestellten Es gibt jedoch auch Argumente, warum leitende Angestellte (z. B. E1-Leiter*innen) in Krisenzeiten in Bezug auf Gehaltskürzungen und Entlassungen weniger betroffen sind. Diese Argumente hängen mit ihrer Verantwortung und den Ri- siken zusammen, die sie tragen. Leitende Angestellte haben häufig langfristige Verträge, die hohe Gehälter und leistungsabhängige Boni garantieren. Diese Verträge können oft nicht kurzfristig geän- dert werden, was zu einer gerin- geren Flexibilität bei der Anpas- sung der Vergütung in Krisenzeiten führt. Positiv ausgedrückt kann das auch eine Frage des Schutzes der Führungskräfte auf langfristige Sicht sein, um sicherzustellen, dass sie weiterhin motiviert bleiben und das Unternehmen stabil führen. Leitende Angestellte sind deshalb hoch- bis überbezahlt, weil ihre Expertise und Erfahrung schwer zu ersetzen sind. Um die besten Talente im Top-Management zu halten, müssen Unternehmen manchmal hohe Gehälter und Bonusstrukturen bieten, die nicht so leicht gesenkt werden können, ohne dass es negative Auswir- kungen auf die Unternehmens- führung und langfristige Per- formance der Firma hat. Um Missverständnissen oder Neiddiskussionen vorzubeugen: Ich will trotzdem kein leitender Angestellter sein ;-). Arbeitsmarkt und Verhandlungsposition der leitenden Angestellten Ein weiterer Grund, warum lei- tende Angestellte weniger von Einsparungen betroffen sind, hat mit der starken Verhand- lungsposition zu tun, die sie in vielen Fällen haben. Leitende Angestellte sind oft sehr gefragt und haben die Fähigkeit, das Unternehmen zu wechseln, wenn sie sich nicht ausreichend monetär entschädigt fühlen. Ihre Gehälter und Boni werden durch den Marktwert ihrer Fähigkeiten und den Wettbewerb um hoch- qualifizierte Führungskräfte be- stimmt. In Krisenzeiten, in denen Unternehmen oft in der Gefahr stehen, talentierte Führungskräfte zu verlieren, kann das Unterneh- men deswegen (manchmal zu lange) zögern, bevor drastische Einschnitte vorgenommen werden. Leitende Angestellte haben auch oft die Möglichkeit, durch ihre Verträge oder ihre Verhandlungs- position sicherzustellen, dass ihre Gesamtvergütung in Krisenzeiten nicht so stark betroffen ist, wie die aller anderen Führungskräfte und Beschäftigten. Sie können mit der Unternehmensführung bessere Be- dingungen aushandeln, was in der Regel den gleichen Effekt hat – die unteren Ebenen übernehmen die Lasten der Krise. Insgesamt führt das Zusammen- spiel dieser Faktoren zu der Wahr- nehmung von Ungerechtigkeit, insbesondere in behaupteten oder tatsächlichen Krisenzeiten. Mitarbeitende auf den unteren Ebenen sehen sich oft als dieje- nigen, die für die Fehler des Top- Managements bezahlen. Das führt zu einem Gefühl von Ungleichheit und dem Eindruck, dass die Last nicht fair auf alle verteilt wird. Oder auf schwäbisch: Echt net schee – aber so isch's halt. 25