Tücken, Türen, Temperaturen – Lieschens Abenteuer in Vaihingen Doch das war noch nicht alles. In anderen “Es war einmal vor vier Jahren, da wurde ein Räumlichkeiten des Campus war es im Winter prächtiger Campus mit vier stattlichen Ge- kühl, da der Schlossherr entschieden hatte, bäuden erbaut. Diese Gebäude waren so dass 19 Grad für seine Junker und Maiden modern und innovativ, dass selbst die Türen ausreichend seien. Leider waren die Ther- ein Eigenleben führten. Man wusste nie, ob mometer in den Räumen unterschiedlich beide Türlügel gleichzeitig aufgehen würden geeicht, und so froren die Bewohner*innen oder ob einer gar nicht erst in Bewegung wie Eisblumen im Januar. Das Problem konn- käme. Die Türen hatten ihren eigenen Kopf te bald behoben werden, indem zusätzliche und ließen die armen Bewohner oft im Regen Jacken an alle Verfrorenen ausgegeben wur- stehen – oder besser gesagt, vor verschlos- den. Man sah die Bewohner*innen nun ein- senen Türen. heitlich gekleidet ihre Arbeit verrichten – immerhin nicht mehr allzu frierend. In einem der Gebäude, auf einer bestimmten Etage, gab es eine Tür zum Damenklo, die Als der Sommer dann kam und man nicht besonders berüchtigt war. Ursprünglich hatte mehr fror, wurde bekannt gegeben, dass diese Tür eine Klinke, die sich jedoch eines die Fenster nur zum Zwecke der Stoßlüftung Tages entschloss, in den Ruhestand zu gehen. geöffnet werden dürften – also nicht an hei- Die Klinke ließ sich nicht mehr bewegen, und ßen Sommertagen mit hoher Luftfeuchtigkeit. so wurde sie durch einen Knauf ersetzt. Die Schließlich wollte man nicht, dass die Außen- Löcher der alten Klinke blieben als stumme luft von der – etwas gemäßigteren Innen- Zeugen vergangener Tage zurück. Damen, die raumluft – erschreckt würde und es mög- zum ersten Mal vor dieser Tür standen, zö- licherweise zu einem Gewitter käme. Schlimm gerten oft, ob sie den beherzten Schritt ins genug, dass die hereindringende Außenluft Ungewisse wagen sollten. Gerüchte besagten die kühlere Innenluft so zum Schwitzen brach- sogar, dass das Licht in dieser Toilette aus- te, dass sie den Campus-Bewohner*innen zu gefallen sei. Da es keine Fenster gab, war es unverhofften kleinen Abkühlungs-Tröpfchen ratsam, immer ein Handy dabei zu haben, um während der Arbeit verhalf. nicht im Dunkeln zu tappen. Und so lebten die Bewohner des Campus In einem anderen Gebäude fehlte bei der Tür weiter, immer auf der Hut vor den eigen- zur Erschließungsanlage das L. So stand dort willigen Türen und den Geheimnissen, die in großen, unheilvollen Buchstaben "Erschie- ßungsanlage". Die Bewohner des Campus sich hinter ihnen verbargen und immer im fragten sich stets mit einem mulmigen Gefühl, Balanceakt zwischen Lüften und Frieren, Licht was sich wohl hinter dieser Tür verbergen und Dunkelheit, Abenteuer und Alltagschaos. mochte. War es ein Schießstand für mutige Doch trotz aller Widrigkeiten liebten sie ihren Ritter? Oder vielleicht ein geheimer Raum, Campus, denn er war ein Ort voller Abenteuer in dem tapfere Seelen auf die Probe gestellt und Geschichten, die man sich noch lange wurden? Niemand wusste es genau, und so erzählen würde.“ blieb die Tür ein Mysterium, das nur die Mutigsten zu lüften wagten. Lieschen Müller, (unterstützt von DirectChat)