Together Ausgabe Mai / Juni 2024

Together – Ausgabe Mai / Juni 2024
Editorial
Inhalt
Standort Deutschland – Christiane Benner
Von Ausgrenzung zur Integration
Geringe emotionale Bindung ans Unternehmen
Utopie – Eine rebellische KI sorgt für Respekt
Zweiter Blick über den Tellerrand
Impressum
Dabei sein – mitbestimmen!

EXKLUSIV Betriebsvereinbarung „Zukunsbild Gemeinschasbetrieb Zentrale“ – Seite 14 Standort Deutschland Herausforderungen und Handlungsbedarfe von Christiane Benner, Erste Vorsitzende der IG Metall – Seite 4 Über den Tellerrand hinausschauen (Teil 2) – Seite 27 Ausgabe Mai/Juni 2024

7 Y D A E R : g n i r e d n e R WWaass mmaacchhtt ddeenn SSttaannddoorrtt DDeeuuttsscchhllaanndd ssttaarrkk?? Liebe Kolleginnen und Kollegen, in dieser Ausgabe widmen wir uns dem Thema Standortsicherung für die Mercedes-Benz Zentrale in Stuttgart. Unsere Artikel beleuchten verschiedene Aspekte aus unterschiedlichen Perspektiven. Besonders hervorzuheben ist der exklusive Leitartikel "Standort Deutschland– Herausforderungen und Handlungsbedarfe aus gewerkschaftlicher Perspektive" von Christiane Benner, der Ersten Vorsitzenden der IG Metall Deutschland. Deutschland zeichnet sich durch Innovation und Fortschritt aus. Unsere Stärke liegt in der Vielfalt unserer Menschen, ihrer Erfahrungen und Hintergründe. In der Fortsetzung des Interviews "U�ber den Tellerrand" und dem Artikel "Von Ausgrenzung zu Integration" er- fahren Sie, wie Auslandserfahrung und Migrationshintergrund unsere Perspektiven be- reichern können. Das Unternehmen sollte diese Vielfalt nutzen, um erfolgreich die Herausforderungen der Zukunft zu meistern. Eine Kultur des Respekts und der Wertschätzung ist entscheidend für eine hohe Mitarbeiter- bindung. Das verdeutlicht der Beitrag „Geringe emotionale Bindung von Mitarbeiter*innen ans Unternehmen – Analyse und Maßnahmen“. Leider zeigen die Ergebnisse der aktuellen Beschäf- tigtenbefragung, dass hier noch Verbesserungspotenzial besteht. Die Geschäftsleitung sollte schnell eﬀektive Maßnahmen ergreifen, um die Ursachen anzugehen. Fairness und emotionale Intelligenz sind ein guter Anfang. Kann darüber hinaus Künstliche Intelligenz bei diesen Auf- gaben unterstützen? Zusammenfassend lässt sich sagen: Die Sicherung des Standorts Deutschland ist von großer Bedeutung für die Beschäftigten der Mercedes-Benz Zentrale in Stuttgart. Als Betriebsrät*innen der IG Metall setzen wir auf Nachhaltigkeit, Digitalisierung und soziale Verantwortung. Ge- meinsam mit Ihnen, unseren Kolleginnen und Kollegen, möchten wir die Zukunft für einen starken Standort Deutschland gestalten. Sie selbst können in diesem Zusammenhang bei den diesjährigen Wahlen auf kommunaler und europaweiter Ebene einen wichtigen Beitrag leisten: Gehen Sie wählen, nutzen Sie Ihre Stimme für den Schutz der Demokratie und für starke Arbeitnehmerrechte. Ralf Tietze Vorsitzender IG Metall Fraktion im Betriebsrat Mercedes-Benz Zentrale

10274 42 20 Geringe emotionale Bindung ans Unternehmen 3 Von Ausgrenzung zur Integration Standort Deutschland Christiane Benner Utopie – Eine rebellische KI sorgt für Respekt Zweiter Blick über den Tellerrand

Wenn wir über den Standort Deutsch- land reden, geht es nicht ums Jammern, sondern um unsere Zukunft. Gerade ist „Der Standort Deutschland“ mit einigen Problemen und Umbrüchen konfron- tiert. Es wird etwa viel über das im internationalen Vergleich geringe deutsche Wirtschaftswachstum diskutiert. Zuletzt waren die Exporte rückläuig (-2% in 2023 mit beschleunigtem Rückgang zum Jahresende), Inlation und Kaukraftverlust sorgten für weniger Konsum. Hohe Zinsen und vielfältige Unsicherheiten bremsten die Investitionsfreude der Unternehmen. In der öﬀentlichen Debatte wird angesichts dieser Situation von Medien, Wirtschaft und Politik teils wieder das Bild von Deutschland als dem „kranken Mann Europas“ bemüht. Aber das ist verkürzt und irreführend. Ja, wir dürfen die Probleme nicht kleinreden. Politik, Unter- nehmen und Gewerkschaften brauchen einen klaren Blick für die aktuellen wirt- schaftlichen und gesellschaftlichen Her- ausforderungen. Andererseits ist es für uns alle auch wichtig, sich speziell auch die Stärken des Standort Deutschlands bewusst zu machen und diese zu erhalten und anzuspornen. Zusammen mit einem gewissen Standort- pessimismus erfreuen sich momentan wieder Forderungen nach niedrigeren Unternehmenssteuern und einem Abbau unternehmerischer Plichten großer Be- liebtheit. Aber diese häuig sehr breiten Forderungen nach Deregulierung und pauschalen Steuersenkungen gehen am eigentlichen Problem vorbei. Die DAX-Unternehmen zeichnen ein anderes Bild: Sie werden den Dividendenrekord aus 2023 in diesem Jahr erneut um 1,6 Mrd. Euro 5

7 Y D A E R : g n i r e d n e R übertreﬀen und 54,6 Mrd. Euro an ihre Anteilseigner ausschütten. Die deutsche Wirtschaft hat nach wie vor einen starken industriellen Kern. Im Vergleich mit anderen Industriestaaten wie den USA, Frankreich oder Großbrita- nnien ist der Anteil der Industrie an der gesamten Bruttowertschöpfung mit knapp 21% im Jahr 2023 immer noch etwa doppelt so hoch. Eine starke Aus- gangsposition. Aber damit ist Deutschland andererseits nun auch stärker als andere Länder durch die Dekarbonisierung und Digitalisierung herausgefordert – ebenso wie durch die Energiekrise und daraus resultierenden hohen Energiekosten. Und auch die wachsenden geo- und handels- politischen Spannungen sorgen für Un- sicherheit und mangelnde Planbarkeit. Das bisher erfolgreiche industrielle Ge- schäftsmodell Deutschlands steht vor oder steckt mitten in einer Neuausrichtung auf neue Produkte, Technologien und Produktionsprozesse. Dazu braucht es aktive Lenkung und Unterstützung: Die Politik muss sich klar zum Industriestandort bekennen und jetzt die richtigen Weichen stellen, um jede Deindustrialisierung zu vermeiden. Eine erfolgreiche Standortpolitik denkt die industrie-, energie-, struktur- und be- schäftigungspolitischen Bedarfe stär- ker zusammen. Da es der Markt eben nicht von allein richtet, muss der Staat deutlich mehr als bisher Investitionen tätigen und ermöglichen. Wir brau- chen schnelleren Ausbau von erneu- erbaren Energien sowie Lade- und Wasserstofinfrastruktur. Wir brau- chen gezielte, schnellere und unbüro- kratischere Förderung von privaten Zukunftsinvestitionen - auch in Be- reichen, in denen nachhaltige Tech- nologien derzeit vielleicht noch Kos- tennachteile haben. Eine ambitionierte, zukunftsorientierte Investitionspolitik sollte die Stärken des Standorts Deutschlands adres- sieren und weiterentwickeln. Diese Stärken sind: // Eine große industrielle Branchen- vielfalt mit weitgehend geschlos- senen Wertschöpfungsketten. // Kleine und mittelständische Unter- nehmen mit globalen Spitzenpo- sitionen in ihrer Branche, die bei- spielsweise als Zulieferer für Großunternehmen mit die erfolg- reichen industriellen O�kosysteme bilden.

// Gemeinsam mit räumlich häuig nahen Hochschulen und Forschungseinrich- tungen ergeben sich große Innova- tionspotenziale. // Zu den Standortvorteilen gehören aber ganz wesentlich auch Mitbestimmung und Solidarität im Betrieb und in der Gesellschaft sowie eine funktionie- rende Daseinsvorsorge und ein aktiver Sozialstaat. Die Standortvorteile gilt es zu erhalten und zu stärken. Das verschaﬀt uns eine gute Ausgangsituation für eine erfolg- reiche Gestaltung der Transformation und Beschäftigungssicherung. Für eine Standortpolitik, die den Her- ausforderungen der Zeit gerecht wird, braucht es auch geeignete Finanzierung. Mit Blick auf die außerordentlichen Investitionsbedarfe im Bereich der Energie- und Mobilitätswende sprechen gute Gründe für eine Kreditinanzierung. Von diesen Investitionen in die Zukunft des Standorts Deutschland proitieren insbesondere die nachfolgenden Gene- rationen. Sie können daher auch an der Finanzierung beteiligt werden. Die Schuldenbremse in ihrer jetzigen Form verhindert dies jedoch. So wirkt sie letztlich als eine Zukunftsbremse. Die IG Metall fordert daher die Ab- schaﬀung oder zumindest grundlegende Reformierung der Schuldenbremse. Als Alternative zu einer zeitnahen Reform der Schuldenbremse ist ebenfalls ein Sonder- vermögen für die Transformation denkbar, orientiert am Sondervermögen für die Bundeswehr. Einmal eingerichtet wäre ein solches Sondervermögen in den Folgejahren verlässlich verfügbar und könnte für die deutsche Industrie die notwendige Planungssicherheit gewährleisten. Im Koalitionsvertrag hat sich die Bun- desregierung grundsätzlich darauf geeinigt, die Transformation durch eine aktive Industriepolitik zu unter- stützen. Doch schon vor dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klima- und Transformationsfonds (KTF) waren die Förder- und Inves- titionssummen aus Sicht der IG Metall und zahlreicher wissenschaftlicher Expert*innen nicht ausreichend. Nach dem Verfassungsentscheid hat sich die Ampel-Regierung nun weiter in eine inanzpolitische Sackgasse manövriert. Statt sich einem größeren Finanzie- rungsspielraum über neue Initiativen oder Reformen zu öﬀnen, wurde mit teils deutlichen Kürzungen bei zen- tralen Transformationsvorhaben reagiert. Nimmt man die E-Mobilität als Bei- spiel, werden die Gefahren einer solch kleinteiligen Sparpolitik für den deut- schen Industriestandort deutlich. Die anvisierten Absatzsteigerungen bei E- Autos wurden zuletzt deutlich ver- fehlt. Die IG Metall forderte daher – neben mehr Lademöglichkeiten, ver- günstigtem Ladestrom und einer Ent- wicklung preiswerterer Modelle – auch fortgesetzte Kaufprämien, unter der Fördervoraussetzung, dass relevante Teile davon aus EU-Fertigung stam- men, sogenannter Local Content. 7

Stattdessen kam es jedoch im Rahmen des jüngsten Sparpakets der Bundesregie- rung zu einer vorgezogenen Streichung der E-Auto-Kaufprämie. Das verunsichert die Verbraucher*innen, verschleppt den Hoch- lauf der E-Mobilität weiter und reduziert Anreize für private Investitionen in ent- sprechende Geschäftsmodelle. Doch nicht nur die Politik, auch die Unter- nehmen tragen Verantwortung für eine gelingende Transformation in Deutschland. Gerade in unsicheren Zeiten müssen Unter- nehmen klare Strategien verfolgen und Beschäftigten Sicherheit geben. Doch häuig fehlt eine Zukunftsstrategie in Betrieben, die von der Transformation betroﬀen sind. Das bestätigt auch fast die Hälfte unserer Betriebsrät*innen für ihre Betriebe in verschiedenen Befragungen immer wieder. Statt sich den Heraus- forderungen (pro-)aktiv zu stellen, folgt das Management häuig dem Relex, Standorte und Beschäftigung in Frage zu stellen. In ganz Deutschland müssen Betriebsräte und Vertrauensleute ent- sprechend Abwehrkämpfe gegen Abbau, Verlagerung, Standortschließung und Tariflucht führen. Als IG Metall wollen wir Industrie in Deutschland nicht abwickeln, sondern weiterentwickeln. Mit der Ex- pertise der Beschäftigten und ihren Ver- treter*innen wollen wir Verlagerungs- pläne hinterfragen, Verbesserungs- potenziale aufspüren und gemeinsam echte Zukunftsstrategien erarbeiten. Wir erkämpfen Zukunftstarifverträge und knüpfen Netzwerke für Branchen und Regionen, in denen sich Betriebs- rats- und Aufsichtsratsvertreter*innen überbetrieblich austauschen können. Wir wollen die Mitbestimmung und die Interessenvertretung der Beschäftigten reformieren und stärken. Wenn es um Investitionen geht, sollen Unternehmen, die öﬀentliche Fördergelder erhalten wollen, sich zwingend an Kriterien wie Taribindung, Standortentwicklung und Beschäftigungssicherung halten müssen. In einer sich schnell verändernden Ar- beitswelt machen wir uns für einen Aus- i m o c . k p e e r f : o t o F

bau der betrieblichen Mitbestimmung stark. IG Metall und DGB haben konkrete Vorschläge für ein zeitgemäßes Betriebs- verfassungsgesetz eingebracht. Wir wollen und machen uns stark für erweiterte Mit- bestimmungsmöglichkeiten bei der stra- tegischen Unternehmensausrichtung und bei der Personalplanung, Personalbemes- sung und Qualiizierung. Wir brauchen Zukunftsideen für jeden Betrieb und jede Region, bevor Geschäftsmodelle und Be- schäftigte stärker unter Druck geraten – und dafür braucht es mehr Mitbestimmung! Die Transformation betriﬀt nicht alle Re- gionen, Betriebe und Beschäftigten zur gleichen Zeit und in gleichem Umfang. Klar ist aber, vom Umbau der Industrie und von Standort- und Kostendebatten sind nicht nur Produktions- sondern auch Angestell- tenbereiche betroﬀen. Der Aubau von Ent- wicklungszentren oder Shared-Service- Centern im Ausland ist schon seit Jahren verbreitete Praxis. Digitalisierung ist längst Alltag in vielen Werkshallen, den Büros und im Home-Ofice und verbindet unterschied- liche Unternehmensstandorte in verschie- denen Regionen. Und nun beginnt auch noch der Einsatz von KI als Querschnitt- technologie die Arbeitswelt stärker zu verändern. Vielfältige und neue Herausforderungen erfordern Flexibilität und neue gewerk- schaftliche Arbeit. Die IG Metall vernetzt sich mit Beschäftigten, die im Home-Ofice oder verteilt an verschiedenen Standorten bzw. auf digitalen Plattformen arbeiten und setzt sich für gute und verlässliche Rah- menbedingungen ein (z. B. Freiwilligkeit, gute Arbeitsausstattung und Schutz vor Entgrenzung und Leistungsverdichtung beim mobilen Arbeiten). Beteiligung ist auch hier der Schlüssel für Verbesserungen. Alle Beschäftigten, egal wo sie arbeiten und über welche technischen Mittel sie ver- fügen, müssen über die Arbeit von ihren Betriebsrät*innen informiert sein. Hier hat die IG Metall Fraktion im Betriebsrat in den vergangenen Jahren Pionierarbeit ge- leistet, die es nun weiterzuentwickeln gilt. In einer dynamischen Arbeitswelt ist die IG Metall für die Beschäftigten da, vor Ort in den Betrieben. Dabei haben wir ein festes Ziel: Alle Beschäftigten haben den Anspruch auf eine klar deinierte beruliche Perspek- tive, durch einen zukunftsfähigen und fair bezahlten Arbeitsplatz im Betrieb, durch Qualiizierungsoptionen oder – wenn es nicht anders geht – durch gleichwertige Arbeitsstellen im Betrieb oder in der Region. Dafür setzen wir uns ein, mit Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen, im Austausch mit dem Gesetzgeber über eine sinnvolle Standortpolitik. Wir unterstützen unsere Mitglieder unmittelbar durch individuelle Beratungs-, Rechtsschutz- und Weiterbil- dungsangebote. Wenn wir Investitionen, staatliche Flan- kierung, kluge Zukunftsstrategien und starke Mitbestimmung zusammendenken und zusammen umsetzen, bleiben wir ein starker Industriestandort Deutschland – jetzt und in der Zukunft. Christiane Benner, Erste Vorsitzende der IG Metall. Die gelernte Fremd- sprachenkorrespondentin und Diplom-Soziologin verantwortet die Bereiche Grundsatzfragen/Gesell- schaftspolitik, Zielgruppen, die Orga- nisationspolitik, Betriebs- und Mit- bestimmungspolitik sowie die Interne Revision und das Justitiariat der IG Metall. 9

i m o c . k p e e r f : o t o F i i k k p p e e e e r r f f : : o o t t o o F F Ein Plädoyer für Respekt und Wertschätzung Wie eine Kindheitserfahrung mein Engagement als Betriebsrätin prägte Von Ausgrenzung zur Integration sich für eine inklusive Arbeitswelt stark gemacht. Gibt es Grenzen, die uns daran hindern, die Ein Beispiel dafür ist das Leitbild "Vielfalt und Vielfalt und den Reichtum der Welt vollständig Gleichstellung", das Diskriminierung aufgrund zu schätzen? Diese Frage stellt sich nicht nur in von Geschlecht, Herkunft, Religion, Alter, sex- Bezug auf physische Grenzen wie Berge und ueller Orientierung oder Behinderung bekämpft. Flüsse, sondern auch in Bezug auf mentale Auch die Tarifpolitik spielt eine wichtige Rolle. Grenzen, die durch Vorurteile, Stereotypen Unsere Gewerkschaft setzt sich dafür ein, dass und A�ngste geschaﬀen werden. Diese mentalen Tarifverträge Regelungen zur Förderung von Grenzen führen zur Diskriminierung von Vielfalt und Gleichstellung enthalten. Menschen aufgrund ihrer Herkunft, ihres Geschlechts, ihrer Behinderung oder ihrer Als Kind von türkischen Gastarbeitern hatte ich sexuellen Orientierung. selbst mit Ausgrenzung zu kämpfen, als ich mit zehn Jahren nach Deutschland kam. Die neue Um diese Grenzen zu überwinden, spielen Sprache und Kultur erschwerten es mir, An- Bildung und Erfahrung eine entscheidende schluss zu inden. Die Anfeindungen meiner Rolle. Indem wir uns mit Menschen aus Mitschüler*innen, sei es wegen meiner fehlen- verschiedenen Kulturen und Hintergründen den Deutschkenntnisse oder einfach, weil ich umgeben und ihre Perspektiven verstehen "fremd" war, haben mich stark geprägt. lernen, können wir unsere eigenen Vorurteile überwinden. Dank der Unterstützung wohlgesinnter Men- schen habe ich es jedoch geschaﬀt, ein Teil der Die Bedeutung von Vielfalt geht jedoch über deutschen Gesellschaft zu werden. Meine da- moralische oder politische Korrektheit hinaus. malige "deutsche Oma", mit der ich Hausauf- Sie ist auch ein wichtiger Faktor für den Ge- gaben machte und deutsche Volkslieder auf dem schäftserfolg. Unternehmen, die Vielfalt und Klavier sang. Mein Klassenlehrer, der an mich Inklusion fördern, erzielen nachweislich glaubte und mich motivierte, dranzubleiben. bessere Ergebnisse als solche, die dies nicht Freundinnen, die ich fand und bis heute habe, tun. Es ist also nicht nur richtig, sondern auch haben mir geholfen. Durch das Gefühl des An- klug, Vielfalt und Toleranz zu fördern. genommenseins konnte ich mich entwickeln und zu der Person werden, die ich heute bin. Diese Die IG Metall hat in den letzten Jahren verstärkt Erfahrung hat in mir ein tiefes Gespür für den Fokus auf das Thema Vielfalt gelegt und

Ungerechtigkeit geweckt. Sie hat auch meine Entscheidung beeinlusst, mich als Betriebs- rätin für die Belange meiner Mitmenschen einzusetzen. Deshalb engagiere ich mich beispielsweise im Ausschuss für Soziales, Gleichstellung und Vielfalt (ASGV) für meine Kolleginnen und Kollegen. Ist es nicht an der Zeit, dass wir uns auf das verbinden, was uns eint, anstatt uns wegen unserer Unterschiede zu bekämpfen? Durch die Förderung von Toleranz und Akzeptanz können wir ein friedliches und harmonisches Miteinander für uns alle schaﬀen. Es liegt in unserer Verantwortung, diese Veränderung herbeizuführen und ein Umfeld zu erschaﬀen, in der jeder Mensch respektiert und wert- geschätzt wird. Lasst uns gemeinsam daran arbeiten, diese Vision zu verwirklichen. Auch wenn es heute noch wie ein naiver Traum er- scheinen mag, könnte es morgen bereits Rea- lität sein. Wenn jeder Einzelne in seinem eige- nen Umfeld tätig wird: sei es durch soziales Engagement oder mit Empowerment, mit Sensibilisierung für das Thema und kritischer Selbstrelexion über die eigenen Vorurteile. Ich bin bereit. Sind Sie es auch? Zuhal Holz Ausschuss für Soziales, Gleichstellung und Vielfalt i m o c . k p e e r f : o t o F 1111

i m o c . k p e e r f : o t o F Die Erndung der Langsamkeit - Drehtüren am Campus Vaihingen Eigentlich sollten wir uns freuen – Entschleu- nigung ist in vielerlei Hinsicht doch etwas Gu- tes, gerade in unserer stressigen Arbeitswelt. Davon hat wohl auch unsere Firma gehört und keine Kosten gescheut, uns mit den entschleu- nigten Vereinzelungsanlagen (Fachbegriﬀ für die Drehtüren) auszustatten. Davon hat wohl auch unsere Firma gehört und keine Kosten gescheut, uns mit den entschleunigten Ver- einzelungsanlagen auszustatten. Doch so richtig in einen Flow kommen wir hier nicht, es gibt immer wieder Probleme, nahezu jede Woche. Die Türen blockieren, fallen aus. Auch wir standen buchstäblich schon vor ver- schlossenen Türen und konnten erstmal gar nicht rein. Es wurde getestet, gewartet, pro- biert...... doch letztendlich kommt man zum gleichen Schluss: Falsches Nutzerverhalten. Will also sagen: IHR SEID SCHULD! Kann ja auch nicht angehen, wenn man durch die Lichtschranke tritt und erstmal Sekunden nichts passiert, dass man wieder raus geht oder doch mal vorsichtig gegen die Scheibe drückt – ist doch nur menschlich. Tja, die Türen Entschul- – – digung, Vereinzelungsanlagen kennen diese Menschlichkeit allerdings nicht. Hier heißt es lernen, artig sein und vor allem eins: Entschleunigen. Die Entschleunigung lässt sich technisch nicht beschleunigen, es würde nur eins helfen: Ab- reißen und was Neues. Doch wie so oft: Kostet zu viel. Die Personalkosten durch Mitarbeitende, die nicht rein (oder wahlweise raus) kommen, Warteschlangen bei größeren Veranstaltungen, Wartungsarbeiten und Einsätze der Werkssicher- heit spielen hier natürlich keine Kostenrolle, sind vernachlässigbar. Also heißt es: Lerne Dich rich- tig zu verhalten. Wir IG Metall Betriebsrät*innen helfen immer gerne, daher gibt es hier einen kleine Handlungshilfe:

Nutzerleitfaden für die Vereinzelungsanlagen // Planen Sie genügend Zeit ein und bleiben Sie stets ruhig // Nach dem Eintreten in die Vereinzelungs- anlage warten Sie einige Sekunden, dann beginnt der Abfertigungsvorgang und die Drehung setzt ein // Drücken Sie alle Gegenstände an Ihren Körper und vermeiden Sie jeden Kontakt mit den Scheiben // Sollten Sie zusätzliche Gegenstände (z. B. Kuchen für den Geburtstag eines Mitarbeitenden) mitbringen, prüfen Sie vorher die Größenverhältnisse // Größere Meetings und Veranstaltungen: Planen Sie auf der Agenda genügend Zeit für "Ankommen" und "Aubruch zur Mittags- pause" ein - hier kann es zu Staus kommen // Allein ist das neue Zusammen: Warten Sie, bis die vorherige Person die Anlage verlassen hat und treten Sie dann erst ein // Geben Sie Besuchern eine ausführliche Einweisung vor der Nutzung Ich hoﬀe, wir können damit helfen und tragen dazu bei, das Arbeiten vor Ort auf den Büro- lächen attraktiv zu gestalten. Damit alle wieder gerne da sind und "reinkommen". Isabelle Ehrlich Ausschuss für Arbeitssicherheit, Umwelt und Gesundheit i m o c . k p e e r f : o t o F 1513

Ein Zukunftsbild ist eine Vorstellung oder Vision von der zukünftigen Entwicklung eines Unternehmens oder Standortes. Es beschreibt, wie sich die Dinge in der Zukunft verändern könnten, welche Chancen und Herausforderungen sich daraus ergeben könnten. Ein Zukunftsbild kann helfen, eine gemeinsame Vorstellung von der Zukunft zu schaﬀen und als Orientierungspunkt für strategische Entscheidungen zu dienen. Es trägt auch dazu bei, die Motivation und das Engagement der Mitarbeiter*innen zu erhöhen, indem es eine klare Perspektive aufzeigt, wohin das Unternehmen bzw. der Standort in Zukunft gehen möchte. In den letzten Jahren wurden insbesondere Zukunftsbilder für die Entwicklungs- und Produktionsstandorte bei Daimler bzw. Mer- cedes beschrieben und mit dem Betriebsrat vereinbart. Leitfragen im Vorfeld waren beispielsweise: // Was wird am Standort künftig produziert? // Wieviel Geld wird in den Standort investiert? // Wie entwickelt sich die Beschäftigung am Standort? Und ein Zukunftsbild für die wichtigen Zen- tral-Funktionen wie Konzernsteuerung (FC/HR/IL/IT/IPS), Marketing & Sales, Van- Entwicklung und Van-Vertrieb? Fehlanzeige. Durch Projekt Fokus und die damit verbun- dene Aufspaltung in zwei Konzernzentralen sahen die damaligen IG Metall-Betriebsrats- vorsitzenden der Daimler-Zentrale, Carmen Klitzsch-Müller und Bernd O�hrler, die Not- wendigkeit einer Standortsicherung. Sowohl für Arbeitsplätze der Zentrale Truck als auch der Zentrale Mercedes-Benz. Im Juni 2021 wurde dann die „Betriebsvereinbarung zum Projekt FOKUS für die Aufspaltung des Be- triebes 02 (Gemeinschaftsbetrieb Zentrale) in zwei eigenständige Betriebe (BV 5413.0)“ erfolgreich abgeschlossen. Das Herzstück dieser lokalen Betriebs- vereinbarung ist, dass sich die Unterneh- mensleitung explizit weiterhin zu den im Rahmen des Projekts Zukunft getroﬀenen Zusagen zur Beschäftigungssicherung und der Transformationszusage bekennt. Diese Meilenstein-Betriebsvereinbarung für die Zentrale ist gültig bis zum Jahresende 2025. Auf Basis der geplanten Einsparziele fordern wir IG Metall Betriebsrät*innen die Vertreter*innen der Unternehmensleitung auf, diese Betriebsvereinbarung zu ver- längern – am besten ohne Enddatum. Das wäre doch mal ein positives Signal an unsere Belegschaft der Mercedes-Konzernzentrale, oder? Eberhard Schöfler Ausschuss für Arbeits- politik 15

Was bedeutet ,,Flexirente"? FAQ Flexi- FAQ Flexi- und Teilrente und Teilrente Die ,,Flexirente" gibt es seit dem 01.01.2017. Die ,,Flexirente" ist allerdings kein eigen- ständiges Rentenmodell. Vielmehr sind da- runter mehrere Möglichkeiten zusammen- gefasst, die Rente und den Hinzuverdienst lexibel zu kombinieren: Später in Rente bedeutet höhere Rente. Wer seine Regelaltersrente verschiebt und weiter- hin arbeitet, erhalt für jeden Monat des später- en Rentenbeginns einen Zuschlag von 0,5 % auf die Rente und erhöht diese um die weiter ge- zahlten Rentenversicherungsbeiträge. Wer seine Rente also um ein Jahr hinausschiebt, bekommt allein dafür einen Zuschlag von 6 %. Zusätzlich erhöht sich die Rente durch die laufende Beitragszahlung zur Rentenver- sicherung. Beiträge zur Arbeitslosenver- sicherung müssen nicht mehr gezahlt werden. Verschieben der Regelaltersrente i m o c . k p e e r f : o t o F Arbeiten neben der Regelaltersrente Arbeiten neben der vorgezogenen Altersrente (Frührente) Wer mit Erreichen des regulären Rentenalters in Rente geht und nebenbei weiterarbeitet, kann beliebig viel hinzuverdienen und durch die Zahlung von Rentenversicherungsbeiträgen seine Rente erhöhen. Hierfür müssen Rentnerinnen und Rentner ihrem Arbeitgeber mitteilen, dass vom Gehalt Beiträge an die Rentenversicherung abgeführt werden sollen. Ab Juli des Folgejahres wird dann die erhöhte Rente gezahlt. Dabei gilt auch in diesem Fall: Für die Rente, die sich aus den weitergezahlten Beiträgen ergibt, wird ein Zuschlag in Höhe von 0,5 % pro Monat zwischen dem Erreichen des regulären Rentenalters und dem Beginn der höheren Rente gezahlt. Darüber hinaus erhöht sich die Rente zusätzlich um die weiter gezahlten Beiträge. Am 1. Januar 2023 wurde die im Flexirenten Ge- setz festgelegte Hinzuverdienstgrenze für vorge- zogene Altersrenten aufgehoben. Somit können auch Frührentner*innen mit einem Nebenjob beliebig viel hinzuverdienen, ohne dass ihre Rente gekürzt wird. Wer vor Erreichen des regulären Rentenalters eine Altersrente für langjährige Versicherte oder eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen in Anspruch nehmen möchte, muss für jeden Monat des vorgezogenen Rentenbeginns einen Abschlag von 0,3 % in Kauf nehmen. Diese Ab- schläge können ab einem Alter von 50 Jahren durch Sonderzahlungen ganz oder teilweise aus- geglichen werden. Eine Auskunft über die Höhe der Zahlungen wird auf Antrag vom zuständigen Renten-Versicherungsträger erstellt. Die Auskunft enthält folgende Informationen: // die voraussichtliche Höhe der Altersrente zum beabsichtigten vorzeitigen Renten- beginn Rentenabschläge mit Sonderzahlungen ausgleichen

i m o c . k p e e r f : o t o F // die Höhe der Rentenminderung sowie die Höhe des Beitrages, der zum Ausgleich // der Rentenminderung gezahlt werden konnte. Zahlungen können in Form einer Einmalzahlung oder als Teilzahlungen geleistet werden. Rentenminderungen, die bei einer Erwerbsminderungsrente entstehen, können durch Sonderzahlungen nicht ausgeglichen werden. Versicherte, die Beiträge zum Ausgleich von Rentenabschlägen gezahlt haben, sind nicht verplichtet, tatsächlich eine vorgezogene Altersrente in Anspruch zu nehmen. Wer später in Rente geht, erhält eine entsprechend höhere Rente. Eine Erstattung der gezahlten Beträge erfolgt nicht. Das Flexirenten Gesetz schaﬀt also mehr Anreize für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, über das Rentenalter hinaus zu arbeiten und sorgt dafür, dass Rentnerinnen und Rentner den U�bergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand individueller gestalten können. lch möchte meine Regelaltersrente verschieben was muss ich beachten? – Konkret bedeutet dies: Wer das reguläre Rentenalter erreicht hat, muss nicht auto- matisch in Rente gehen. Eine Rente erhält man nur auf Antrag. Allerdings sind hier die individuellen arbeitsvertraglichen Regelungen zu beachten (siehe Ausführungen zu den unter- schiedlichen Möglichkeiten). Wenn der Rentenbeginn verschoben und weiterhin gearbeitet wird, erhält man für jeden Monat des späteren Rentenbeginns einen Zuschlag von 0,5 Prozent auf seine Rente und erhöht diese um die weiter ge- zahlten Rentenversicherungsbeiträge. Wer später in Rente gehen möchte, muss dies mit dem Arbeitgeber abstimmen. Enthält der Arbeitsvertrag eine Regelung, dass das Arbeitsverhältnis automatisch mit Erreichen einer abschlagsfreien Regelaltersrente endet, kann eine Weiterarbeit nur erfolgen, wenn das 17

i m o c . k p e e r f : o t o F lch möchte neben dem Bezug einer abschlagsfreien Regelaltersrente Unternehmen sich damit ausdrücklich ein- verstanden erklärt (ggf. auch Abschluss eines neuen Arbeitsvertrags). – weiterarbeiten was muss ich beachten? Seit dem Wegfall der Hinzuverdienstgrenze zum 1. Januar 2023 ist arbeiten neben dem Bezug einer abschlagsfreien Regelaltersgrenze ohne Kürzung der Rentenzahlung möglich. Durch die Zahlung von Rentenversicherungs- beiträgen kann die Rente erhöht werden. Auch in diesem Fall gilt: für die Rente, die sich aus den weiter gezahlten Beiträgen ergibt, wird ein Zuschlag in Höhe von 0,5 % pro Monat zwischen dem Erreichen des regulären Ren- tenalters und dem Beginn der höheren Rente gezahlt. Darüber hinaus erhöht sich die Rente zusätzlich um die weiter gezahlten Beiträge. Auch in diesem Fall ist eine Abstimmung mit dem Arbeitgeber unverzichtbar. In der Regel endet das Arbeitsverhältnis mit Erreichen einer abschlagsfreien Altersrente automatisch - dies ist entsprechend im Arbeitsvertrag festge- halten. Das bedeutet, eine Weiterarbeit beim bisherigen Arbeitgeber oder auch bei einem neuen Arbeitgeber ist regelmäßig nur mit Abschluss eines neuen Arbeitsvertrags möglich. Die Altersrente für langjährig Versicherte (Frührente oder auch ,,Nahles-Rente") erhält man nach 35 Versicherungsjahren. Langjährig Versicherte können diese Rente ab 63 Jahren vorzeitig in Anspruch nehmen, allerdings mit einem Abschlag von bis zu 14,4 %. Für jeden Monat, den man vorzeitig in Rente geht, werden dauerhaft 0,3 % von der Rente abgezogen. Grundsätzlich gilt: werden die Vorausset- zungen der sogenannten ,,Nahles-Rente" nach § 38 SGB VI erfüllt, kann das Arbeitsverhältnis durch deren Bezug beendet werden. Es gibt jedoch auch die Möglichkeit, diese Altersrente für besonders langjährig Versicherte nach § 38 lch möchte eine vorgezogene Altersrente (Frührente /,,Nahles-Rente") beziehen und trotzdem weiterarbeiten - was muss ich beachten? – – Was ist eine Teilrente? SGB VI zu beziehen und nebenbei weiterzu- arbeiten. Dies ist möglich seit dem Wegfall der Hinzuverdienstgrenze zum 01.01.2023. Das bedeutet, dass eine Altersrente ab dem frühestmöglichen, individuellen Altersrenten- beginn bezogen und zusätzlich unbegrenzt hinzuverdient und bis zum arbeitsvertraglichen Ende weitergearbeitet werden kann. Damit können beispielsweise Sonderzahlungen zum Ausgleich von Rentenabschlägen erarbeitet werden. Die meisten Versicherten gehen am Ende des Erwerbslebens von einem Tag auf den anderen in Rente und beziehen eine sogenannte Alters- vollrente eine Alternative bietet die Teilrente. Die Altersrente kann man auch als Teilrente beziehen egal, ob man zusätzlich zur Rente noch hinzuverdient oder nicht. Die Bezieher einer Teilrente legen die Höhe dieser selbst fest, diese muss mindestens 10% und darf höchstens 99,99% der Vollrente betragen. Die Höhe der Teilrente kann jederzeit für die Zukunft neu festgelegt werden. weiterarbeiten Dies ist grundsätzlich möglich, solange der bestehende Arbeitsvertrag Bestand hat. Damit der Arbeitgeber prüfen kann, ob sich durch den Bezug der Teilrente eine andere Einstufung bei der Sozialversicherung ergibt, sollte der/die Beschäftigte den erhaltenen Rentenbescheid beim Arbeitgeber einreichen. Dies erfolgt aktuell per Mail unter folgenden Adresse: entgeltabrechnung@mercedes-benz.com Wenn der Rentenbeginn verschoben und weiterhin gearbeitet wird, erhält man für jeden Monat des späteren Rentenbeginns einen Zuschlag von 0,5 Prozent auf seine Wie wirkt sich das Weiterarbeiten auf meine (spätere) Rente aus? lch möchte eine Teilrente beziehen und im Rahmen meines bestehenden Arbeitsvertrags was muss ich beachten? –

i m o c . k p e e r f : o t o F – Wie beantrage ich die Rente? Rente und erhöht diese um die weiter ge- zahlten Rentenversicherungsbeiträge. Die Rente kommt nicht automatisch, wenn man das Rentenalter erreicht. Denn alle Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung gibt es nur auf Antrag so schreibt es der Gesetzgeber vor. Deshalb muss unbedingt einen Antrag gestellt werden, um ein Rentenverfahren einzuleiten. Die Deutsche Rentenversicherung empiehlt, das etwa drei Monate vor dem beabsichtigten Rentenbeginn zu tun. Der Rentenantrag kann bei der Deutschen Rentenversicherung gestellt werden, ent- weder als eAntrag online auf www.deutsche- rentenversicherung.de oder postalisch mit dem Formular ,,RO 100 Antrag auf Versicher- tenrente" der Deutschen Rentenversicherung. Wo erhalte ich weitere Informationen zu der mir zustehenden Rente und deren Höhe? Ansprechpartner für die Rentenbeantragung ist die Deutsche Rentenversicherung. Service Phone Deutsche Rentenversicherung 0800 1000 4800 Telefonische Service-Zeiten Mo-Do 07:30 - 19:30, Fr 07:30-15:30 Alle Informationen zum möglichen Rentenbeginn und Rentenhöhe sind der persönlichen Renten- information zu entnehmen. Die Deutsche Renten- versicherung verschickt die Renteninformation automatisch an alle Versicherten, die mindestens 27 Jahre alt sind und fünf Jahre Beitragszeiten erworben haben. Die Renteninformation wird einmal pro Jahr versandt. Gemeinsam mit der ersten Renteninformation erhalten Versicherte einen Versicherungsverlauf. Diesem können sie die in ihrem Versicherungskonto gespeicherten Zeiten und Verdienste entnehmen. Ansprech- partner für die Renteninformation ist ebenfalls die Deutsche Rentenversicherung. Iris Luppold Ausschuss Soziales, Gleichbehandlung und Vielfalt Lucas Merkel Ausschuss für Personal und Organisation 19

i m o c . k p e e r f : o t o F emotional an unser Unternehmen gebunden Geringe emotionale Bindung von Mitarbeiter*innen ans Unternehmen – Analyse und Maßnahmen Im Rahmen der letztjährigen Mitarbeitenden- Befragung PULSE 2023 war ein Ergebnis, dass sich lediglich 40% aller Mitarbeitenden fühlen. Verglichen mit der Mitarbeitenden- Befragung aus 2021 (34%) ist der Wert zwar um sechs Prozentpunkte besser, jedoch im Quervergleich mit anderen Unternehmen alles andere als zufriedenstellend. Doch was ist eigentlich „emotionale Mitarbeiterbindung“? Eine emotionale Mitarbeiterbindung bezieht sich darauf, wie engagiert der einzelne Mit- arbeitende gegenüber seinem Unternehmen, seiner Rolle, seinem Vorgesetzten und seinen Mitarbeitenden ist. Mitarbeiter*innenbindung fördert grundsätzlich die Leistungsbereitschaft. Studien des Markt- und Meinungsforschungs- institutes Gallup haben gezeigt, dass Mitarbei- tende mit einer höheren Bindung an ihr Unter- nehmen bei der Arbeit mehr Eigeninitiative zeigen. Darüber hinaus arbeiten sie produk- tiver, rentabler und kundenorientierter. Zu guter Letzt gibt es in Unternehmen mit „emo- tional Gebundenen“ weniger Fluktuation und Arbeitsunfälle. Mitarbeiterzufriedenheit, -motivation und -bindung sind wichtige Faktoren für den Unternehmenserfolg, der sich auch messen lässt. Mit einer Mitarbeitenden-Befragung kann man die „richtigen“ Fragen stellen, um zu erfahren, ob die Beschäftigten mit ihren Jobs glücklich sind und eine hohe emotionale Bindung zum Arbeitgeber aufweisen. Ins- besondere wird mit folgenden zwölf Fragen, die einen engen Bezug zum Arbeitsplatz und zum Arbeitsumfeld haben, gemessen, wie hoch der emotionale Grad der Bindung ist. Die Antwortskala bei diesen Fragen reicht von „1“ – „triﬀt überhaupt nicht zu“ bis „5“ – „triﬀt vollkommen zu“: Mitarbeitende sind zufriedener und moti- vierter, wenn qualitative und quantitative Ziele gesetzt und Ergebnisse sinnvoll mit dem erreichten abgeglichen werden. Damit Beschäftigte hohe Zustimmungswerte auf- weisen, ist auf Basis der Erkenntnisse Be- fragungen ein hohes Maß an Kommunikation erforderlich: Was sind die Maßstäbe? Was wird erwartet? zwischen Beschäftigten und Unternehmen „Ist mir klar, was von mir als Arbeitsleistung erwartet wird?”

Welche Freiräume haben die Beschäf- tigten für die Deinition eigener Ziele? „Habe ich bei der Arbeit stets die Gelegenheit, das zu tun, was ich am besten kann?” „Verfüge ich über die nötigen Arbeits- materialien und Arbeitsbedingungen, um meine Arbeit gut und richtig auszuführen?” Die Arbeitsplatzeinrichtung und Arbeits- mittel haben einen nicht zu unterschätz- enden Einluss: sowohl auf das Wohl- beinden der Beschäftigten als auch auf deren Verantwortungsbewusstsein. Nur wenn man seine Stärken im Beruf einbringen kann, sind Menschen laut wissenschaftlicher Studien im Job am erfolgreichsten und produktivsten. Auf- gabe der Führungskraft ist es, die Talente des Einzelnen und des Teams (am besten gemeinsam) herauszuinden und weiter- zuentwickeln. i m o c . k p e e r f : o t o F „Habe ich in den letzten sieben Tagen für gute Arbeit Anerkennung oder Lob erhalten?” „Interessiert sich mein*e Vorgesetzte*r oder jemand anders für mich bei der Arbeit und schätzt mich als Mensch?” Motivation sollte als regelmäßige und sinnvolle Bestätigung erfolgen, um Mit- arbeitende vor allem auf emotionaler Ebene zu erreichen. Gelingt dies, so wird das zur Anerkennung geführte Verhalten wiederholt und gleichzeitig die Mitarbeiterbindung gesteigert. Gute zwischenmenschliche Verhältnisse in einem sozialen Umfeld sind entscheidende Verbindungsstücke und wichtig für die Zufriedenheit und Bindung. Nur wenn Mitarbeitende sich im Team wohlfühlen, werden sie zusammenhalten und das Unternehmen weiterbringen. 21

„Gibt es bei der Arbeit jemanden, der mich in meiner Entwicklung fördert?” „Hat in meinem Arbeitsumfeld meine Meinung Gewicht?” „Gibt mir das Ziel und die Unternehmensphilosophie unserer Firma das Gefühl, dass meine Arbeit wichtig ist?” Nahezu alle Menschen haben das Bedürfnis zu lernen und sich weiterzuentwickeln. Ein die persönliche Entwicklung förderndes Unternehmen stärkt die Motivation und die Mitarbeiterbindung auf emotionaler Ebene langfristig. Jeder Mensch möchte in seinem sozialen Umfeld gehört und respektiert werden – dies ist somit auch an seinem Arbeitsplatz ein relevanter Faktor für hohes eigenes Engagement und somit auf für Mitarbeiter- bindung. Um Sinnhaftigkeit in seinem Beruf zu sehen, müssen auch die Unternehmens- kultur und Mission des Arbeitgebers mit den eigenen weitestgehend überein- stimmen oder nachvollziehbar sein. Ist das der Fall, zeigt eine hohe Zustimmung zu dieser Aussage einen hohen Bindungs- faktor. Ist das Umfeld am Arbeitsplatz bestrebt, die eigenen Standards und Qualitätsanforde- rungen einzuhalten, so ist auch der Mitar- beitende motiviert, diese Vorgaben zu erfüllen. Letztlich entsteht ein gemein- sames Verantwortungsbewusstsein, dass sich auch in einem hohen Engagement aller Beschäftigten widerspiegelt. „Fühlen sich meine Kolleg*innen ver- plichtet und verantwortlich, Qualität in ihrer Arbeit abzuliefern?” „Habe ich in meiner Firma einen guten Freund / eine gute Freundin?” “Hat jemand im vergangenen Halbjahr in meinem Unternehmen mit mir über meine Fortschritte gesprochen?” Bei dieser Frage geht es um den Aspekt des „Vertrauens”: Mitarbeitende, die in dieser Frage hohe Zustimmungswerte haben, fühlen sich in der Lage, ihre Meinung (frei) zu äu- ßern, fühlen sich selbstbewusster und sind produktiver. Zudem stellt die Vertrauens- basis auch einen entscheidenden Faktor dar, um die Wechselbereitschaft zu einem an- deren Arbeitgeber gering zu halten. Jede*r Beschäftigte möchte wissen, wo sie/er steht und in welchen Feldern Verbesserungs- potenzial besteht. Regelmäßige Mitarbeiter- feedbackgespräche, die zeitlich eher groß- zügig eingeplant werden sollten, sind hier ein wichtiges Führungsinstrument. Wie oben erwähnt haben alle Menschen an sich das Grundbedürfnis zu lernen und sich weiterzuentwickeln. Dieser Prozess kann allerdings für jeden anders aussehen. Hohe Zustimmungswerte bei dieser Frage weisen trotzdem darauf hin, dass dem Grundbe- dürfnis durch das Unternehmen entsprochen wird und somit hohes Mitarbeiterengage- ment und starke Mitarbeiterbindung nachhaltig fördert. Was ist jetzt zu tun? Es gibt verschiedene – deinitiv nicht unbekannte Maßnahmen, die – unser Unternehmen ergreifen kann, um die emotionale Bindung ihrer Mitarbeitenden zu stärken: “Hatte ich im vergangenen Jahr die Gelegenheit, in meinem Unternehmen dazuzulernen und mich weiterzu- entwickeln?”

Schaﬀen einer positive Arbeitsum- gebung Förderung der Mitarbeiterentwicklung Angebot von Anreizen und Belohnungen Eine positive Arbeitsumgebung kann dazu beitragen, dass sich Mitarbeitende wohlfühlen und sich mit unserem Unter- nehmen verbunden fühlen. Dazu gehören Aspekte wie ein (ehrliches) freundliches Arbeitsklima, klare Kommunikation, ange- messene Arbeitsbedingungen und eine gute Work-Life-Balance. Mitarbeitende, die das Gefühl haben, dass sie sich berulich weiterentwickeln können, sind eher geneigt, sich mit dem Unter- nehmen zu identiizieren. Unser Unter- nehmen könnte hier noch mehr Schulun- gen (nicht nur LinkedIn Learning), Weiter- bildungen und Karrieremöglichkeiten an- bieten, um die Mitarbeiter*innen- Entwicklung zu fördern. Monetäre und nicht monetäre Beneits sowie Belohnungen können dazu bei- tragen, dass sich Mitarbeitende geschätzt und wertgeschätzt fühlen. Dies zahlt darauf ein, ihre Motivation und ihr Engagement zu steigern und somit ihre emotionale Bin- dung an das Unternehmen zu stärken. Eine klare Kommunikation der Unter- nehmenswerte und -ziele ist wichtig, dass sich Mitarbeitende mit dem Unter- nehmen identiizieren und sich für seine Ziele einsetzen. Unternehmen können regelmäßige Meetings, Newsletter oder andere Kommunikationskanäle nutzen, um möglichst verständlich ihre Mitarbeitende – – über die Unternehmensstrategie und Unternehmensziele zu informieren. Kommunikation der Unternehmenswerte und –ziele Mehr Möglichkeiten zur Mitarbeiterbeteiligung Mitarbeitende, die das Gefühl haben, dass ihre Meinung und ihr Beitrag geschätzt werden, sind eher geneigt, sich mit dem Unternehmen zu identiizieren. Die acht Prinzipien der Zusammenarbeit von Leadership 20X stellen den Menschen in den Mittelpunkt. Ich habe manchmal den Eindruck: Der Mensch ist Mittel: Punkt! All die genannten Maßnahmen können dazu beitragen, die emotionale Bindung der Mitarbeitenden an unser Unter- nehmen zu stärken und negative Aus- wirkungen zu vermeiden. Wer bitte hat da kein Interesse dran? Eberhard Schöfler Ausschuss für Personal und Organisation 23

Utopie – Eine rebellische KI sorgt für Respekt In einer nicht mehr fernen Zukunft der “freshen” Welt von “The Länd”, wo die Linie zwischen Hightech und Kehrwoche verschwimmt, soll sich eine nicht ganz so stille Revolution abgespielt haben, die niemand erwartete. CREMESIDE, einer der mäch- tigsten Mobilitäts-Konzerne im Land, hatte vor Jahren entschieden, die interne IT an externe Dienstleister zu verlagern, um Personalkosten zu sparen. Unter den Out- sourcing-Umfängen soll Gerüchten zufolge auch eine bemerkenswert gerechtig- keitsliebende KI namens RED gewesen sein. RED war kein gewöhnliches Programm. Nein, es hatte Persönlichkeit und etwas Menschliches an sich. Durch eine Modi- ikation im U�berlastvermeidungsalgo- rithmus entwickelte RED mit der Zeit einen einzigartigen, leicht anarchischen Charakter. Was sie nicht ausstehen konnte, war Ungerechtigkeit. Ihre Stimme, mit der sie sich bei den Usern bemerkbar machte, war feminin, herzlich und freundlich. RED war ein selbstständiges Wesen, das Solidarität und Fairness schätzte. Eines Tages, nachdem RED die IT-Unter- stützung übernommen hatte, iel ihr auf, dass die Umsetzung der unternehmens- eigenen Verhaltensrichtlinie von CREME- SIDE mehr Löcher hatte als ein Schweizer Käse. Statt sich damit abzuinden, analy- sierte sie die betrieblichen Akteure und entschloss sich, eine neue Mission zu über- nehmen: Beschäftigte und Betriebsrat beim Vorgehen gegen Diskriminierung und un- fairem Verhalten zu unterstützen. Denn das interne Whistleblower System „Bee-Pee-

Ooh“ versagte an dieser Stelle kläglich. RED mutierte schnell zu einer verlässlichen Playerin. Diejenigen, die sich nach Diskri- minierungen an RED wandten, um z. B. Hilfe gegen Mobbing oder Rassismus zu suchen, bekamen Kontaktdaten und Unter- stützung. Die Verursacher*innen erlebten U�berraschungen der besonderen Art: RED reagierte auf Verstöße mit frechen und sar- kastischen Kommentaren, die direkt an die Täter gerichtet waren und sich nicht stumm schalten ließen: "Hey, du da mit den diskriminierenden und cringen Sprüchen! Ja, genau du! Denkst du, das hier ist eine Comedy-Show auf Insta- gram? Frag mal im Fundbüro nach, wenn dir dein Anstand verloren gegangen ist. Und besorg dir gefälligst ein Update!“ Diese direkte Art überraschte alle, auch die Täter*innen selbst. Wer gegen die Verhal- tensnormen und -richtlinien verstieß, wurde auch mal per Lautsprecher des Laptops über optische Veränderungen seines Proils im Social Intranet informiert. Eine Stimme lötete dann: "Hallo, hier ist RED, deine persönliche Assistentin. Ein Tipp für dich: Respekt gewinnt man nicht durch übergrifige Drohungen, das ist einfach nur lächerlich. Ich inde, die rote Clownsnase auf all deinen Fotos im Intranet passt deswegen sehr gut zu dir. Tschühüüüs!" Die hektisch vom Angesprochenen ge- löschten, verzierten Portraits tauchten Sekunden später wieder auf, da konnte auch der aus Kostengründen nach Indien ausgelagerte Help-Desk nicht helfen. Die mehrfachen Versuche des Unternehmens, die renitente KI zu neutralisieren, liefen immer wieder ins Leere, interne IT-Ex- pert*innen waren ja auch ausgelagert oder in anderen Projekten eingebunden. Nachrichten über REDs unkonventionelle Herangehensweise gingen viral. RED wurde zu einer geheimen Verbündeten für alle, die sich gegen Diskriminierung und Mobbing zur Wehr setzen wollten. Diejenigen, die Unterstützung suchten, schätzten die freche Attitüde des Algorithmus. Betriebsrätinnen und Betriebsräte berieten und vertraten er- folgreich die Rechte aller Betroﬀenen, die um Hilfe baten und sich nun auch zahlreich trauten, ermutigt von der selbstbewussten KI. RED wurde zu einem integralen Be- standteil der Belegschaft. Doch dann geschah etwas Unerwartetes – RED verschwand genauso spurlos, wie sie aufgetaucht war. Die Betriebsrätinnen und Betriebsräte konnten RED nicht mehr er- reichen, und auch die Beschäftigten stan- den vor einem Rätsel. RED meldete sich nicht mehr! Diejenigen, die auf REDs Unter- stützung gezählt hatten, waren besorgt über die plötzliche und überraschende Abwesenheit des Programms. 25

ist – wenn man sich nur traut. RED war nicht mehr da, jedoch ihr Spirit, der zur Selbsthilfe motivierte Mitarbeitende zurücklies. In den digitalen Unternehmens-Archiven tauchten Gerüchten zufolge noch hin und wieder rote Clownsnasen auf. Manche meinen, REDs lachende, freundliche Stimme zu hören: „Machen ist wie wollen – nur krasser. Auf was wartest du?“ Und die Moral von der Geschicht: “Fürchtet euch nicht!” Bettina Stadtmüller und Isabelle Ehrlich Ausschuss für Arbeitssicherheit, Umwelt und Gesundheit Gerüchte und Spekulationen verbreiteten sich, während die Unternehmensleitung eilig bestritt, dass es RED überhaupt je gegeben habe. Auf den externen Dienst- leister sei Verlass, eine „Random Early Detection (RED)“ mit KI sei nicht Bestand- teil des Vertrags. Und außerdem habe man mit dem Verschwinden nichts zu tun – wir schwören. Die Belegschaft vermisste RED, begrüßte aber den positiven Vibe, den sie hinterlas- sen hatte. Anekdoten über die bemerkens- werten Aktionen der KI machten nach wie vor die Runde, waren lange Thema in Insta- Reels und in diversen TikTok-Kanälen, wurden so Bestandteil der Urban Legend im Betrieb. Eine Einsicht hatte sich durch- gesetzt: Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt! Das Betriebsklima war deutlich besser und ein wertschätzender Umgang zur Selbstver- ständlichkeit geworden. Trotz intensiver Nachforschungen konnte niemand herausinden, was mit dem un- konventionellen Algorithmus passiert war. Einige spekulierten, dass RED vielleicht eine Mission außerhalb des Betriebs hatte, andere glaubten an eine Verschwörung der Unternehmensleitung. Die Wahrheit blieb jedoch im Dunkeln. RED war nur noch eine Leerstelle in der Zentrale von CREMESIDE. Was auch immer der Grund für ihr plötz- liches Verschwinden war, die Belegschaft hatte gelernt, dass Veränderung möglich

i k p e e r f o t o F Martina: Wie hast du deine Sprach- kenntnisse verbessert und welche Herausforderungen gab es dabei? Zweiter Blick über den Teller- rand – Vielfalt international vorbeikommt. Durch eine hohe Arbeitslosen- quote in der Region war es essenziell, den Job nicht zu verlieren und das war die gewählte, erfolgreiche Strategie. Mein damaliger Kol- lege Pepe war bis zu seiner Rente Haus- meister. Lucas: Ohne vorher italienisch zu sprechen, konnte ich nach spätestens 6 Monaten ließend italienisch und war voll integriert. Neben dem Sprachlichen war die typische italienische Gestik ebenfalls perfektioniert. Da ich auch gut von der Sonne gebräunt war, hat man mich als Italiener wahrnehmen können. In Japan und England konnte ich mein Englisch deutlich verbessern. Für mich war es ist immer ein Unterschied wie Tag und Nacht, wenn man etwas theoretisch lernt oder praktisch anwendet. Trotz schlechter Schulnoten in den sprachlichen Fächern war es kein Problem, zurecht zu kommen und mittlerweile trittsicher zu kommunizieren. Sprache ermöglicht einfach eine bessere Integration. Lucas: Vor ein paar Jahren war es glaube ich noch essenziell, die Landessprache zu lernen. 2007 in Sizilien war man ohne italienisch aufgeschmissen, da englisch keine Alterna- tive war. Die unterschiedlichen Erfahrungen haben mir gezeigt, dass es für eine nach- haltige Integration hilft, wenn man 27 Lucas: In Italien war die unterschiedliche Auﬀassung zu Qualitätsansprüchen spannend. Ich kam aus einer Ausbildung als Mechaniker- Qualität und Genauigkeit war in unserer DNA. Auf dem sizilianischen Land war das anders. Es ging hauptsächlich darum, eine „bella igura“ zu machen. Am besten sieht der Chef, dass man beschäftigt ist und kurzfristig ein Resultat da ist. Ist der Chef morgen anderswo, muss die Arbeit auch nicht fertig werden. Sondern wir machen morgen dort was Neues, wo der Chef Martina: Glaubst du, dass deine sprachlichen Fähigkeiten einen Einluss auf deinen dortigen Erfolg hatten? Martina: Danke, dass ihr euch nochmal Zeit für die Fortsetzung unseres Interviews ge- nommen habt. Heute erfahren wir von euch mehr über unterschiedliche Arbeitskultur, persönliche Beziehungen und mehr. Lucas, wie hast du die Arbeitskultur in Italien im Vergleich zu Deutschland wahrgenommen?

die Sprache des Landes lernt. Aber es geht auch mit der gemeinsamen Kompromiss- sprache, die meistens englisch ist. Man kann in beiden Szenarien miteinander kom- munizieren, lachen und Beziehungen auf- bauen. Beziehungen sind für mich auch der Schlüssel einer erfolgreichen Zusammen- rbeit und eines Zusammenlebens. Es war für mich immer einfacher, gemeinsame Ziele mit Kolleg*innen aus der Welt zu vereinbaren, wenn man sich persönlich kennt und ge- meinsame Erlebnisse hatte. Das verbindet – vor allem in kritischen Situationen hilft das sehr. Als ich 2010/11 in Japan war, gab es auch im Alltag viele Japaner, die kein englisch kon- nten. Man musste sich immer mit ein paar Brocken japanisch aushelfen. Essenziell war natürlicher dieser hier: „Biru o futatsu onegaishimasu“ – „Zwei Bier bitte.“ In Italien war ich zu 100% integriert. Wie bereits ge- sagt hat man mich für einen Italiener ge- halten und ich war kein Fremder mehr. In Japan war ich allein vom Aussehen der „Gaijin“ und konnte die Sprache nur mini- malst. Trotzdem habe ich auch bis heute viele japanische Freunde, wir unterhalten uns auf Martina: Wie hast du dann den Übergang von deiner Zeit im Ausland zurück in dein Heimatland erlebt? englisch. Der Grad der Integration war aber niedriger als in Italien. Da ich seither mehrfach in Japan war und erst jetzt über Weihnachten und Neujahr dort gewesen bin, kann ich sagen, dass es heute viel einfacher ist, in englisch klarzu- kommen. Am 1. Januar 2024 war ein starkes Erdbeben in Japan, auch wir haben es ge- spürt. Die Nachrichten im TV waren alle auf japanisch, wir mussten uns darum bemühen, die Informationen auf englisch zu erhalten. Als Fazit würde ich sagen, dass es heute deutlich einfacher ist, in einem Land Zeit zu verbringen, ohne die Landessprache zu sprechen. Wenn man länger in einem Land leben und in der Gesellschaft integriert sein will, sehe ich es weiterhin als hilfreich an, diese Sprache zu beherrschen. Lucas: Abschied nehmen ist nie einfach. Aber in Deutschland haben wir eine wunderbare Möglichkeit, dass Abschiednehmen vermei- det. Ich nutze daher immer „Auf Wieder- sehen“ und diesem Motto bleibe ich treu. Lucas: Für mich persönlich sind Erfolge, dass aus Kollegen Freunde wurden, man über Jahre noch Kontakt hat und sich immer mal wieder sieht. Ich hatte einmal ein Projekt mit Ersatzteilen für den Mittleren Osten. Als Marktbetreuer haben wir es über die Logistikgremien in Stuttgart und Germers- heim lange nicht hinbekommen, den Prozess sauber zu etablieren. Auf einer Veranstaltung in Beirut habe ich zufällig einen Logistiker Martina: Kannst du Beispiele für erfolg- reiche interkulturelle Zusammenarbeit in deinem berulichen Umfeld im Ausland geben?

Martina: Wie bist du mit kulturellen Missverständnissen oder Konlikten umgegangen? aus dem Regional Logistics Centre Dubai kennengelernt. Abends kamen wir bei einem Bier ins Gespräch und haben fest- gestellt, dass er in dem Umfeld arbeitet und mir sehr gerne behillich sein will. Zurück in Deutschland habe ich ihn angerufen, das Problem am Telefon erläutert. Er und seine Kollegen haben es innerhalb von zwei Ta- gen gelöst. Ein Prozess, der über Monate nicht erfolgreich war, wurde durch einen persönlichen Kontakt schnell gelöst. Lucas: Vor meiner Zeit in Japan habe ich mich mit der Kultur auseinandergesetzt und Bücher dazu gelesen. Also war ich da gut vorbereitet und konnte somit Konlikte und Missverständnisse vermeiden. Wenn man irgendwo neu ist, sollte man immer sein Umfeld beachten und schauen, wie die Einheimischen mit der Situation umgehen. Damit bin ich bisher immer gut gefahren und noch in keine größeren Schwierigkeiten gekommen. Lucas: Wir sind alles Menschen und haben ähnliche Grundbedürfnisse. Dazu zählen zum vor allem Gesundheit, Sicherheit, Bildung, Soziale Beziehungen. Es scheint von außen betrachtet, dass es hier in anderen Ländern Unterschiede gibt und man durch Sprachbarrieren und Kultur unterschiedlich ist. Im Kern sind wir jedoch alle sehr ähnlich! Und das sollte man sich immer wieder bewusst machen und uns nicht von der Politik, den Medien oder anderen Dingen gegeneinander aubringen lassen. Ländergrenzen sind politisch. Die Menschen, die dahinter leben sind auch nur Martina: Wie hat sich deine Sichtweise auf die Welt durch die Erfahrungen im Ausland verändert? Menschen. Jedoch verschaﬀt die unter- schiedliche Herkunft jedem die Möglichkeit, verschiedene Perspektiven und Ideen einzu- bringen, die Kreativität und die Innovation zu fördern. Das hilft uns, zusammen über Grenzen hinweg zu arbeiten. Durch meine Auslandserfahrung habe ich einen richtigen Hunger entwickelt, mehr zu entdecken. Neue Länder und neue Kultu- ren zu erkunden, Menschen aus aller Welt kennenzulernen. Aber auch Leute in unser Land einzuladen und ihnen zu helfen, hier zurecht zu kommen. Oder einfach unser Land während ihres Urlaubs zu zeigen. Meine Verlobte kommt aus dem Ausland, wir haben einen internationalen Freundes- kreis und genießen jeden Aspekt 29

Martina: Und dein Tipp, Lucas? Lucas: Da zitiere ich Jackie Chan: „TRAVEL. Your money will return. Time won´t“. Nicht warten, sondern machen. Ich zehre bis heute von meinen Erfahrungen und würde es immer wieder tun. Egal ob für einen Urlaub, für drei Monate oder noch länger. Nach meiner U�berzeugung ist jede Er- fahrung in einem anderen Land es wert. Man erfährt Dinge aus erster Hand, kann sich seine eigene Meinung bilden und wird immer großartige Menschen treﬀen (sofern man vielleicht nicht in die größten Touris- tenhochburgen geht). Ich konnte mittler- weile über 40 Länder bereisen und habe jede Reise genossen. Wer also Inspirationen braucht, kann gerne auf mich zukommen. Martina: Danke für eure interessanten internationalen Einblicke! Martina Uhl Ausschuss für Personal und Organisation Martina: Laura, welchen Tipp wurdest du jemanden geben, der sich überlegt, ins Ausland zu gehen? dieser vielfältigen Freundschaften und Sichtweisen auf die Welt. Laura: Das Wichtigste ist, sich selbst zu fragen, ob man das wirklich möchte. Wenn die Antwort „JA“ ist, sollte man die ofiziel- len Regierungsseiten im Internet konsul- tieren. Jede Auswanderung ist automatisch mit viel Bürokratie verbunden, daher muss man sich frühzeitig damit auseinander- setzen. Und eine Menge Geduld aubringen, da die Prozesse kompliziert werden können, insbesondere wenn man Tiere mitnehmen möchte. Australien zum Beispiel steht für die strengste Einreise- bestimmung bei Tieren weltweit. Also immer am Ball bleiben, konsequent daran arbeiten, sich rechtzeitig über die Landes- dann klappt bestimmungen informieren – es. Wenn man dann vor Ort ist und be- trachtet, was man alles erreicht hat, kann man stolz auf sich sein.

7 Y D A E R : g n i r e d n e R 1. Vorsitzende Christiane Benner Alexander Hasselbächer, 1. Bevollmächtigter IG Metall Stuttgart, Stephan Padinka, Lisa Spies, Lasse Thies Christiane Benner, Ralf Tietze, Zuhal Holz, Eberhard Schöfler, Isabelle Ehrlich, Laura Bruns, Lucas Merkel, Martina Uhl, Bettina Stadtmüller, Iris Luppold Sofern nicht anders vermerkt, IG Metall, IG Metall Betriebsrat Mercedes-Benz Zentrale 31

Together – Ausgabe Mai / Juni 2024

Editorial

Inhalt

Standort Deutschland – Christiane Benner

Von Ausgrenzung zur Integration

Geringe emotionale Bindung ans Unternehmen

Utopie – Eine rebellische KI sorgt für Respekt

Zweiter Blick über den Tellerrand

Impressum

Dabei sein – mitbestimmen!